Bericht aus der Forschung 2
Zum Forschungsprozess von CIA / Community in Arbeit Wie können wir Neues erfahren? Welche Methoden werden verwendet, um Wissen zu generieren? Obwohl unsere Alltagserfahrung nahe legt, dass es unzählige Wege und Möglichkeiten geben könnte, die uns Antworten liefern, hat sich doch das Generieren von Wissen in einem hohen Ausmaß institutionalisiert und folgt meist strikten Regeln und Konventionen. In der Erforschung des sozialen Lebens dominieren die Sozialwissenschaften das Feld. Ihr Methodenkanon umfasst sogenannte quantitative Verfahren, die sich z.B. mit Fragebögen und Statistiken der Zusammenfassung und Auswertung großer Datenmengen widmen, aber auch sogenannte qualitative Verfahren, die mit offeneren Interviewformen, Gruppengesprächen, teilnehmender Beobachtung, Quellenkritik usw. versuchen, neues Wissen zu erzeugen. Immer häufiger wurden in den letzten Jahrzehnten inter- und transdisziplinäre Kooperationen eingegangen, wobei sich meist beide Partner im wissenschaftlichen Feld verorten. Auch im Bereich der Kunst wurde Forschung zu einem wichtigen Bereich. Viele KünstlerInnen verstehen ihre Arbeiten im sozialen Raum als einen Prozess des „Sichtbar-Machens“, wobei auffällig ist, dass „künstlerische Forschung“ immer wieder subjektiv ausgewählte Themen aufgreift und untersucht, die medial, aber auch wissenschaftlich weniger stark im Zentrum stehen. Ein wesentliches Stichwort ist hier auch das „informelle Wissen“. Abgesehen von der Überlegung, ob KünstlerInnen damit eine ergänzende oder gar ausgleichende und korrigierende Rolle im Wissenserzeugen einnehmen, stellt sich die Frage, was genau eine solche „künstlerische Forschung“ nun sein kann. Obwohl in den letzten Jahren einige Forschungsförderungen speziell auf dieses Feld abzielen, fehlen weiterhin verbindliche Vorstellungen davon, was künstlerische Forschung nun ausmacht. Vielleicht liegt es sogar in der Natur der Sache, dass sich künstlerische Forschung der Kanonisierung entzieht. CIA / Community in Arbeit entstand im Rahmen einer Kooperation von SozialwissenschafterInnen und KünstlerInnen, die aus einer erfolgreichen Projekteinreichung beim Arts and Science Call 2009 des Wiener Forschungsförderungsfonds WWTF hervorgegangen war. Der Sinn dieses Calls lag unter anderem darin, auszuloten, wie forschende Kooperationen zwischen Wissenschaft und Kunst aussehen könnten und welche Schwierigkeiten und/oder Möglichkeiten sich aus den Schnittstellen ergeben. Unser thematischer Fokus lag auf dem Bereich „Arbeitswelt“, inhaltlich beschäftigte sich das zweieinhalb-jährige Projekt mit „Empowerment in Kunst und Sozialwissenschaften“. Darunter wurde der Versuch verstanden, sich selbst und vor allem andere durch künstlerische oder wissenschaftliche Tätigkeit zu „ermächtigen“. Etwas weniger großspurig ausgedrückt geht es dabei um die Frage gesellschaftlicher Relevanz, darum, ob durch Wissenszuwächse auch Handlungsspielräume oder – möglichkeiten gewonnen werden können. Im weitesten Sinn geht es also auch um die Tradition der Aufklärung, in dem Sinn, dass Wissen und Kunst als etwas betrachtet werden, das Menschen handlungsfähiger und selbstbestimmter machen kann. Der Begriff „Empowerment“ wird im Kunstfeld dennoch eher gemieden, außer es handelt sich dezidiert um kunsttherapeuthische Kontexte. Auch bei den Beteiligten des hier besprochenen gemeinsamen Forschungsprojekts verhielt es sich nicht anders. Der Grund dafür mag ein zweifacher sein: Zum einen stört viele KünstlerInnen (und zwar gerade gesellschaftlich engagierte) die dem Begriff immanente Hierarchisierung. Jemand „ermächtigt“ (aktiv), jemand anders wird „ermächtigt“ (passiv). Hier klingt eine verstaubte paternalistische Überheblichkeit nach, die auch in Begriffen wie „Dritte Welt“ oder „Entwicklungshilfe“ mitschwingt. Zum anderen fu?rchten viele KünstlerInnen – meist zu recht – eine utilitaristische Instrumentalisierung ihrer Arbeit, sobald sie sich aus den gewohnten Kunstkontexten (Galerie, Museum, Ausstellung...) hinausbewegen und in Interaktion mit sozialen Realitäten treten. Schnell wird dann ein „Erfolgsnachweis“ gefordert, die Messbarkeit von „Empowerment“ oder anderen Wirksamkeiten soll Geldflüsse legitimieren. Doch gerade aus der hart erkämpften Freiheit der Kunst entstehen Potentiale, die befreiend und stärkend wirken können. Generell sehen die VerfasserInnen dieses Textes ein grundsätzlich „ermächtigendes“ Element in beiden Bereichen, der Kunst und der Wissenschaft. Dieses entfaltet sich nicht hierarchisch, sondern bezieht potentiell KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen genauso ein wie andere Beteiligte und auch „das Publikum“.   F o r s c h u n g s i n t e r e s s e  u n d  P r o z e s s  d e r  g e m e i n s a m e n  F o r s c h u n g Unser Forschungsinteresse galt der im Gemeindebau Sandleiten und seiner Umgebung geleisteten Community-Arbeit. Ein wesentliches Ziel des gemeinsamen Kunst- und Forschungsprozesses war es, diesen so zu gestalten, dass eine unmittelbare Rückspiegelung der Forschungsergebnisse ermöglicht wird. In CIA erprobten wir neue Forschungsstrategien mit künstlerischen und sozialwissenschaftlichen Anteilen: Ausgangspunkt bildete eine ausgedehnte Recherche darüber, wer in welcher Form in Sandleiten im Bereich Gemeinschaftsarbeit aktiv ist. Die Recherche teilte sich in einen sprachbezogenen (Gespräche, Telefonate, Internetrecherche usw.) und einen bildbasierten Teil (Beobachten, Fotografieren, Bildrecherchen in Bildarchiven usw.). Diese Dualität behielten wir auch im weiteren Forschungsverlauf bei, wobei die Arbeitsteilung meist so aussah: Jemand aus dem Team vereinbarte einen Termin mit einer/einem InterviewpartnerIn, wobei auch gefragt wurde, ob Fotografieren in Ordnung sei. Den InterviewpartnerInnen wurde das Ziel unserer Forschung genannt und auch mitgeteilt, dass die Forschung (in Form eines kurzen Interviewauszugs und Fotos) im Gebiet öffentlich gemacht wird, dass also keine Anonymisierung vorgesehen ist. In den meisten Fällen waren die von uns Angesprochenen damit einverstanden. Das wissenschaftliche Team führte qualitative Interviews, diese dauerten in der Regel zwischen einer halben Stunde und zwei Stunden. Nach oder während des Interviews machten die Ku?nstlerInnen fotografische Aufnahmen. Oft wurde aber auch ein seperater Fototermin vereinbart, in anderen Fällen stand die Fotografie am Anfang einer Kontaktaufnahme und das Interview folgte später. In vielen Fällen waren die Interviewten mit einer portraitartigen Aufnahme einverstanden. Immer wurden auch Aufnahmen gemacht, die in freier assoziativer Form auf die Situation, die Personen und die jeweilige Arbeit reagierten. Fotografie diente im Zusammenhang der Intervention der Sichtbarmachung verborgener Arbeit und auch als Bühne. Mittels Fotografien versuchten wir eine erweiterte Sicht auf die Lebenszusammenhänge in Sandleiten zu ermöglichen und eine „Stimmung“ des Ortes zu finden, die mit sozialwissenschaftlichen Methoden alleine in dieser Form nicht aufgenommen oder wiedergegeben werden kann. Entscheidend war aber letztlich das gemeinsame Zusammenführen der wissenschaftlich und der künstlerisch generierten Teile

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. Die Interviews und auch die fotografische Recherche erfolgten manchmal einzeln, manchmal in kleinen Teams. Diese Aufteilungen wurden vorab nach Einschätzung der InterviewpartnerInnen und deren Vorlieben oder spontan getroffen. Letztlich sind solche – für den Informationsfluss oft wesentlichen – Entscheidungen eine „Bauchfrage“.
Immer wieder wurden im Projektverlauf die Grenzen zwischen wissenschaftlicher und künstlerischer Arbeit ausgedehnt oder u?berschritten, wenn etwa Künstlerin und Wissenschafter gemeinsam ein Interview führten oder wenn sich das wissenschaftliche Team in die Gestaltung der Plakate einmischte. Hier Entscheidungskriterien und Kompetenzen zu entwickeln war nicht immer einfach. Da ein strikter Rückzug auf die eigenen Bereiche die Potentiale einer transdisziplinären Zusammenarbeit massiv einschränken würde, liegt in der detaillierten Architektur solcher Forschungskooperationen wohl ein wesentlicher Schlüssel für sinnvolle und fruchtbare Zusammenarbeit. Genaue Absprachen widersprechen allerdings wiederum dem offenen Prozess und dem oben erwähnten „Bauchgefühl“. Diese Spannungsfelder sind aus unserer Sicht nicht einfach aufzulösen und vermutlich dem Kooperationsgedanken immanent. Letztlich hängt die Qualität des Projektverlaufs ganz stark an den beteiligten Personen und ihrer Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen.   R ü c k s p i e g e l u n g  T e i l  1 :  P l a k a t e Die Ergebnisse dieses Projektteils bildeten das „Material“ (Historiker wu?rden vielleicht von „Quellen“ sprechen) unserer weiteren Arbeit. Ergänzt wurden diese durch informellen Austausch unseres Teams über den Forschungsprozess. Das Fotografieren war der erste Teil des künstlerischen Prozesses, der zweite bestand im Herstellen und Affichieren der Plakate. Wichtig war dabei eine Reflexion der Bedingungen künstlerischer und sozialwissenschaftlicher Forschung: Beide Bereiche brauchen Öffentlichkeit zu ihrer Legitimierung und tun sich doch oft schwer, ihre Arbeit in allgmein verständlicher Form zugänglich zu machen. In unserem gemeinsamen Experiment wollten wir nun vermeiden, dass wir zu einer das tägliche Leben betreffenden Frage forschen, aber die Ergebnisse in Form schwer verständlicher Fachliteratur oder einer künstlerischen Ausstellung verarbeiten. Eine wesentliche Frage war also, wie und in welcher Form wir die Inhalte und den Verlauf der Forschung vor Ort öffentlich machen und somit auch unseren InterviewpartnerInnen wieder zurückspiegeln könnten. Dazu bearbeiteten wir die Forschungsergebnisse noch während der Recherchephase und wählten laufend Zitate und Fotos aus. Diese wurden von Beatrix Zobl und Wolfgang Schneider gemeinsam mit der Grafikerin Caterina Krüger zu einer Plakatserie verarbeitet. Beginnend mit 1. Oktober 2012 affichierten wir regelmäßig insgesamt 28 verschiedenen Plakatsujets (manche davon mehrfach) am Nietzscheplatz, einem öffentlich zugänglichen Ort in unserem Forschungsgebiet. Als Plakatierfläche nutzten wir eine kleine, zentral am Platz stehende Holzhütte, die das Ergebnis des temporären Kunstprojekts „Baetsch in the City“ war, das unmittelbar vor unserem Projekt in dem selben Gebiet stattgefunden hatte. Wir übernahmen diese Hütte in Absprache mit den ArchitektInnen, die das „Baetsch“ (lautsprachlich für „Bach“, ein neuseeländischer Begriff für eine simple, selbstgebaute Freizeithütte) geplant und errichtet hatten

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. Aus Sicherheitsgründen bekamen wir die behördliche Auflage, dass das „Baetsch“ nicht mehr betreten werden durfte. Deshalb wurde es mit einer Art Frischhaltefolie umwickelt und eingepackt. Die solchermaßen skulptural gewordene Hütte diente nun als Träger für die Plakate und wuchs, regelmäßig mit neuen Forschungsergebnissen ergänzt, langsam zu. Diese öffentliche Präsentation erweckte Neugierde, Interesse, Erstaunen, fallweise auch Abwehr („wozu brauch ma des?“, „so a Geldverschwendung“ usw.), manchmal Begeisterung. Oft fanden wir PassantInnen vor der Hütte, die die Plakate „studierten“ und sich mit uns u?ber die einzelnen Inhalte oder das Projekt unterhalten wollten. Viele der Abgebildeten suchten „ihre“ Plakate und schickten dann auch Freunde, Verwandte und Bekannte hin oder kamen mit ihnen gemeinsam zum Nietzscheplatz.
Wir waren von diesem unmittelbaren Rücklauf positiv überrascht und glauben, dass bei einer Fortsetzung solcher Forschungskooperationen mit einem entsprechenden Rahmenprogramm sogar noch mehr an Diskurs und unmittelbarer Auseinandersetzung stattfinden könnte.     R ü c k s p i e g e l u n g  T e i l  2:  Wo r l d C a f é Der wissenschaftlicher Part unseres Teams plante einen weiteren Schritt, um einerseits Ergebnisse niederschwellig rückspeisen zu können und andererseits BewohnerInnen des Gebiets die Möglichkeit zum Austausch zu bieten. Zu diesem Zweck nutzen wir eine aus der Kommunikationsforschung stammende Methode: „World-Café“ ist ein Setting, das z.B. für das Erarbeiten neuer Lösungen in ExpertInnen-Workshops eingesetzt wird. Die TeilnehmerInnen sind dabei auf verschiedene Tische verteilt und diskutieren eine bestimme Zeit lang zu einem bestimmten Thema. Pro Tisch protokolliert ein/e ModeratorIn die Ergebnisse. In mehreren Runden wechseln die TeilnehmerInnen die Tische und auch die Zusammensetzung der Runden kann variieren. Abschließend referieren die Moderierenden dem jeweils anderen Tisch die Ergebnisse. Ein solches „World Café“ veranstalteten wir gegen Ende der Projektlaufzeit im Extrazimmer einer nahegelegenen Pizzeria. Unser Ziel war es, Anregungen für das Gebiet zu sammeln, zusätzliche Informationen für CIA / Community in Arbeit zu gewinnen und gemeinsam über Entwicklungen in Sandleiten zu diskutieren. Die TeilnehmerInnen am World Café ließen sich intensiv und auch impulsiv auf dieses Experiment ein. Die meisten von ihnen engagieren sich in der einen oder anderen Weise im Bereich der Community Arbeit, alle hatten ein vitales Interesse an Sandleiten und seiner Entwicklung. Die Veranstaltung erbrachte eine erstaunliche Menge an konkreten Wünschen und Vorhaben, einige davon stehen in der Zwischenzeit sogar schon knapp vor der Umsetzung. Unser Plakat Nr. 24 fasst die wichtigsten Ergebnisse dieses Abends zusammen.   D e r  B e g r i f f  C om mu n i t y  A r b e i t Zwei Punkte möchten wir noch erwähnen: Wir waren besorgt um die Verständlichkeit des Begriffs „Community Arbeit“. Tatsächlich schien dieser Begriff aber uns selbst mehr definitorische Schwierigkeiten zu bereiten als unseren InterviewpartnerInnen. Die Angesprochenen wussten alle, was damit gemeint war oder schienen es zumindest zu wissen. Die meisten ordneten sich bzw . ihre Tätigkeiten auch als in diese Kategorie passend ein und wenn nicht, begründeten sie das durchaus plausibel. Eine Definition des Begriffs aus seinem Gebrauchsverständnis heraus wäre in diesem oder ähnlichen Fällen spannend.   G e n e h m i g u n g e n Die zweite Auffälligkeit: Fast alle MitarbeiterInnen der Stadt Wien mussten für die Interviews Genehmigungen einholen oder glaubten zumindest, das tun zu müssen. Die größten Schwierigkeiten damit, Interviews zu geben, hatte ausgerechnet jene Gruppe von Personen, an die wir beim Begriff Community Arbeit in Sandleiten als eine der ersten gedacht hatten: HausbesorgerInnen. Sie konnten wir zwar für informelle Gespräche, nicht aber für Interview oder Foto gewinnen. Zunächst betonten mehrere von uns angesprochene Personen, ohne Genehmigung keine Interviews geben und nichts „Offizielles“ sagen zu dürfen. Doch auch als wir die generelle Genehmigung hatten, dass alle Beschäftigten von Wiener Wohnen mit uns sprechen dürften, wollte uns niemand ein Interview geben. Dafür mag es eine ganze Reihe von Gründen geben, darunter auch gruppendynamisch bedingte. Letztlich fehlt also ein Beitrag, der die so zentrale Rolle von HausbesorgerInnen in diesem Gebiet reflektiert. Allerdings ist die „Verschwiegenheit“ und auch Angst, „etwas Falsches zu sagen“ eine Aussage für sich. Hier wäre ein gezieltes Forschungsprojekt aufschlussreich, wenn man bedenkt, wie oft gerade die Form der Hausbesorgung als wesentliche Schnittstelle im Zusammenleben genannt wurde. Die vorliegende Publikation ist R ü c k s p i e g e l u n g  T e i l  3.