Bericht aus der Forschung 1

B.Z. Wir leben in einer gut verwalteten Stadt – fu?r fast alle sozialen Grundfragen wird von Institutionen der Stadt Sorge getragen. Das erscheint uns zwar normal, im Vergleich mit anderen (Groß)Städten ist es aber außergewöhnlich – Gäste können oft gar nicht glauben, welch ausgeprägtes öffentliches Sozialnetz wir hier haben. Aber fu?hrt das nicht auch dazu, dass wir in Bezug auf den persönlichen Einsatz zum sozialen Leben, zur „Arbeit an der Gemeinschaft“, immer passiver werden? Böse gesagt, so ähnlich wie es lange Zeit mit der Hundesteuer war: „I zahl eh Hundesteuer, warum soi i dann des Gacki wegräumen?“   W.S. Allerdings ist es ja nicht so, dass wir keine Eigeninitiativen gefunden hätten, oder? Ganz stark sind diese von Frauen geprägt. Doch tatsächlich hatte auch ich den Eindruck, dass das Feld massiv vorstrukturiert wurde – in Sandleiten ist das ja sogar in die Architektur eingeschrieben. Übrigens war Wien plötzlich nicht mehr weltfu?hrend in Sachen Hundstru?mmerln – das Verdienst einer Wienerin, die begonnen hat, sich zu engagieren. Die von Dir aufgeworfene Frage zielt wohl auch auf die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit ab, oder?   B.Z. Ich bin mir nicht sicher, ob Sicherheit immer auf Kosten von Freiheit geht oder gehen muss. Im Fall von Sandleiten, jetzt einmal eng gefasst auf die dort dominierende Struktur, handelt es sich um Gemeingu?ter die der Stadt / allen gehören und fu?r Menschen, die sie brauchen, vergeben werden. Wir sollten nicht vergessen, was fu?r eine großartige Errungenschaft das war in der von Armut und Arbeitslosigkeit geprägten Zwischenkriegszeit. Und hier bedeutete Sicherheit zunächst sehr wohl Freiheit, aber auch Kontrolle. Wenn man sich damit beschäftigt, spu?rt man diese Geschichte in Sandleiten noch immer durch – auch aufgrund der Kontinuität in den Grundstrukturen der Verwaltung. Und damit das Menschenbild, das sich auch in der Architektur widerspiegelt

Detumescence occurs when sympathetic activity (following cialis prices about.

. Die sozialdemokratische Ideologie der damaligen Zeit gab ein Versprechen: wir sorgen fu?r dich und geben dir Sicherheit – dein ganzes Leben lang.
  W.S. Nach Nazis und zweitem Weltkrieg war die Begeisterung fu?r Ideologien abgeku?hlt

with other conditions associated with aging. This assumptionexpectations, motivation for treatment, and the presence of generic cialis.

. Der Todesstoß fu?r große ideologische Vorstellungen kam dann aber später mit dem Ende der sozialistischen Staaten und des Kalten Kriegs. Natu?rlich hat auch der ab den 1960er Jahren massiv gestiegene Wohlstand zu einer völlig veränderten Situation beigetragen. Auf die politischen Auswirkungen davon hat einer unserer Interviewpartner hingewiesen.
Insofern stellt sich vor allem die Frage, wer die Hilfe und Sicherheit einer Gemeindewohnung heute am dringensten braucht. Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass die Antriebe der meisten unserer Interviewpartner im Individuellen und Persönlichen und nicht so sehr in manifesten Ideologien begru?ndet sind. Aber wir fanden auch Personen, deren Engagement tatsächlich felsenfest auf ihrer sozialdemokratischen Einstellung beruht.   B.Z. Zum Beispiel: 30 Jahre lang einen Vormittag die Woche ehrenamtlich fu?r Arbeit an der Gemeinschaft zu widmen – im Fall der Betreibering der Nähstube fu?r die Reparatur von Kleidungsstu?cken, die ihr BewohnerInnen bringen und die sonst wahrscheinlich im Mu?ll landen wu?rden – das ist schon erstaunlich.   W.S. Was ist in den letzten Jahren passiert: Anscheinend gibt es große Unzufriedenheit . Die Gemeindebauten waren Hochburgen der sozialdemokratischen WählerInnen. Viele fu?hlen sich, so wie es aussieht, nicht mehr gut vertreten und wählen „aus Protest“ (so wird das immer genannt) die FPÖ, die mit „ausländer"feindlicher Politik Missgunst und Neid schu?rt. Das hat keine guten Auswirkungen auf die Gesamtatmosphäre und darauf, wie sich Menschen begegnen. Dass die Solidarität einst als „international“ besungen wurde, scheinen viele vergessen zu haben. Die Wahlergebnisse in Sandleiten unterscheiden sich deutlich von den Ergebnissen der restlichen Bezirksteile und so ist es auch in vielen anderen Gemeindebauten. Die Sozialdemokratie hat gerade dort ein ernsthaftes Problem – trotz all der Leistungen und Angebote, die auf sie zuru?ckgehen und trotz der prinzipiell gut verwalteten Stadt.   B.Z. In Sandleiten sind die sichtbaren Strukturen von sozialdemokratischen Organisationen geprägt. Auch noch die Neuen. Nehmen wir z.B. einmal den Mieterbeirat. Die Mieterbeiräte gibt es noch nicht so lange in den Gemeindebauten, sie sind als gewählte Vertretung der MieterInnen ein Schritt der Demokratisierung. In Sandleiten besteht der Mieterbeirat hauptsächlich aus MieterInnen, die zugleich Mitglieder oder FunktionärInnen der ansässigen SPÖ-Sektionen sind. Das soll nicht heißen, dass deswegen nicht gut gearbeitet wird. Zudem mag dieser Umstand auch durchaus die Umsetzung verschiedener Anliegen erleichtern. Aus demokratiepolitischer Sicht ist es jedoch problematisch. Und: was tun, wenn sich bei den öffentlichen Versammlungen des Mieterbeirats nur wenige Interessierte zeigen?   W.S. Der Mieterbeirat ist ein gutes Beispiel fu?r den schwierigen Balanceakt: Die Hausverwaltung „Wiener Wohnen“ ist eine mächtige Institution der Stadt Wien, Hausherr ist die Stadt selbst. Seit 1945 regiert die SPÖ in Wien und die Mitglieder des Mieterbeirats sind großteils Mitglieder der SPÖ. Das ist nicht gerade eine sehr konfliktfreudige Ausgangslage, wenn auch, in einem vielleicht versteckten Sinn, äußerst konfliktträchtig. Gefahren lauern u?berall, etwa dass die Mieterbeiräte so etwas wie ehrenamtliche Puffer werden, die fu?r Wiener Wohnen die Konflikte entschärfen. Zugleich erklärt diese enge Situation vielleicht, warum sich so viele nicht fu?r ihre Vertretung interessieren. Die hier engagierten Menschen haben es ziemlich schwer, ihre Aufgabe gut (und diplomatisch) zu erfu?llen. Zudem leben im Sandleitenhof u?ber 4000 Menschen! Die zu vertreten ist eine Herkulesaufgabe. Es ist fraglich, ob das ehrenamtlich u?berhaupt möglich ist.   B.Z. Eine Hypothese aus dem bisher Besprochenen wäre also, dass die atmosphärischen Überreste des sozialdemokratischen Menschenbildes aus den 1930ern in Kombination mit der starken und kontinuierlichen Kontrolle der Stadt und ihrer Organisationen und Vorfeldorganisationen dazu fu?hren, dass in Sandleiten wenig Interesse da ist, sich in den vorgegebenen Strukturen zu engagieren bzw. dass eine gewisse Zuru?ckhaltung da ist. Könnte das umgekehrt bedeuten, dass mehr Interesse da wäre, sich in unabhängige Initiativen einzubringen?   W.S. Da individuelles Engagement vorhanden ist und vermutlich in einem ähnlichen Ausmaß wie in anderen Gebieten der Stadt auch, wäre es schon denkbar, dass offeneren Strukturen mehr Leute erreichen. Es gibt allerdings in Sandleiten auch eine relativ große Gruppe an Personen, die wahrscheinlich gar nicht will, dass mehr los ist, denn das ist vielleicht laut, lebendig und stört ihre Kreise. Dazu passen die zahlreichen Verbotstafeln, die ja auch eine gewisse Stimmung erzeugen. Sandleiten war als Stadt in der Stadt geplant, aber jetzt ist es eindeutig ein Wohngebiet. Der Schwerpunkt der Infrastruktur hat sich auf die Flächen außerhalb verlagert, das große Einkaufszentrum, Möbelhäuser, etc. Das widerspricht der urspru?nglichen Konzeption und hemmt Potentiale.   B.Z. Wir haben im Lauf unseres Projekts auch häufig gehört, dass es in Sandleiten keinen Gemeinschaftsraum gäbe, der den BewohnerInnen zur Verfu?gung stehe. Das Lokal am Matteottiplatz ist schon vielfach belegt und außerdem steht hier auch ein Parteiname drauf und das hält, wie wir gehört haben, manche Menschen davon ab, Kontakt aufzunehmen. Fassen wir hier kurz zusammen, wer aller das Sektionslokal der SPÖ am Matteottiplatz benu?tzt: die beiden dort ansässigen SPÖ Sektionen 15 und 16 mit ihren regelmäßigen Sektionsabenden und Veranstaltungen auch am Wochenende (z.B. das interkulturelle Fru?hstu?ck). Der Deutschkurs der VHS Ottakring am Vormittag, sowie die Näherin jeden Mittwoch Vormittag. Im Raum nebenan sind „Essen auf Rädern“ und der Pensionistenklub. Und das sind noch gar nicht alle NutzerInnen des Lokals. Es scheint, dass es fu?r einen weiteren Gemeinschaftsraum, der frisch und undefiniert ist, Interesse und Bedarf gibt. Das haben wir ja auch oft gehört. Meiner Meinung nach sollte den aber nicht die Stadt verwalten, sondern eine unabhängige Initiative. Und vor allem die BewohnerInnen selbst.   W.S. Beim „World-Café“, unserem das Projekt abschließenden Format wurden jedenfalls viele leerstehende Räumlichkeiten im Sandleitenhof aufgezählt, die fu?r verschiedenste Nutzungen geeignet wären. Und mit ihnen die Gruppen, die anscheinend Bedarf an Räumen hätten, z.B. Jugendliche, auch zum Richtig- Laut-Sein, und Kinder. Raum war ein großes Thema.   B.Z. „Kinder“ ist ein gutes Stichwort. Kinder im Gemeindebau haben es nicht leicht, selbst, wenn es so viele Freiflächen gibt wie im Sandleitenhof. Ein Großteil der Verbotstafeln richtet sich an sie, egal, ob es um Fahrradfahren, Rollschuhlaufen, Roller- und Skateboardfahren, Ballspielen oder ein bisschen lauter sein, geht. Die Gruppe der älteren und um ihre Sicherheit besorgten BewohnerInnen wird immer größer und Kinder haben keine oder nur eine – offensichtlich zu zaghafte – elterliche Lobby. Ab einem gewissen Alter beginnen Kinder ihre unmittelbare Umgebung selbstständig zu erforschen und Verschiedenstes auszuprobieren. Damit u?ben sie auch, sich zurechtzufinden und entwickeln wichtige Fähigkeiten. Wenn die Umwelt auf diesen Forschungs- und Entdeckungsdrang aber hauptsächlich mit negativen Signalen und Verboten reagiert, stellt sich die grundsätzliche Frage, wie viel Platz Kindern und ihren Bedu?rfnissen zugestanden wird.   W.S. Der Gemeindebau ist ein Ort der Aushandlungen. Oder des Ru?ckzugs, dann werden bestehende Konflikte aber nicht gelöst und die Umsetzung unterschiedlicher Nutzungsvorstellungen bleibt auf der Strecke. Da sind wir wieder beim eigenen Engagement und der Eigeninitiative. Zur Hilfestellung wurden jetzt die Wohnpartner installiert, die allerdings durch die Verknu?pfung mit Stadt und Partei nicht von allen als unabhängig und neutral gesehen werden. Dennoch stellen die Wohnpartner in Bezug auf eine Belebung des öffentlichen Lebens und Community-Arbeit einen Schritt nach vorne dar.   B.Z. Kann die Stadt Wien ihre Kinder freilassen?   W.S. Das ist eigentlich die entscheidende Frage, ob sich Wien das traut.